Schwarze Löcher treiben galaktische Gasströme
Alexei Kritsuk, Tomasz Plewa & Ewald Müller

Wissenschaftler am Max-Planck-Institut für Astrophysik haben kürzlich großräumige Gasströme in elliptischen Riesengalaxien simuliert. Alexei Kritsuk (Gastwissenschaftler von der Universität von St. Petersburg, Russland), Tomasz Plewa (Gastwissenschaftler vom Nicolaus Copernicus Zentrum in Warschau, Polen) und Ewald Müller gingen davon aus, dass das interstellare Gas in der Nähe des Zentrums der Galaxie auf weit über 10 Millionen Grad aufgeheizt wird. Ursache für die Aufheizung des Gases könnte die Aktivität eines sehr massereichen Schwarzen Lochs sein, das im Zentrum fast jeder Galaxie vermutet werden, und das auch die Energie für beobachtete riesige gebündelte Gasstrahlen (Jets) liefert. Aber auch Sternwinde von massereichen Sternen oder/und Supernovaexplosionen könnten die Aufheizung des Gases bewirken. Unabhängig von der genauen Ursache führt die Aufheizung zur Entstehung einer gigantischen Gasblase von einigen tausend Lichtjahren Durchmesser, in der das Gas etwas heißer und weniger dicht ist als das die Blase umgebende Gas. Daher wirkt auf das leichtere Gas in der Blase eine Auftriebskraft (wie auf einen Luftballon unter Wasser) und es beginnt im Gravitationsfeld der Galaxie aufzusteigen.
Aufsteigende Blasen in der Astrophysik (Radiokarte der Galaxie M87) und in der Erdatmosphäre (Nukleartest)
Die Simulationen zeigen, dass das aufsteigende Gas eine großräumige Strömung verursacht, die mit der Zeit immer mehr verwirbelt und sich schließlich über Entfernungen von mehreren hunderttausend Lichtjahren erstreckt. Solche riesigen Auströmungen sind vor kurzem in der elliptischen Riesengalaxie M87 im Zentrum eines Galxienhaufens im Sternbild Jungfrau entdeckt worden. Radiobeobachtungen von M87 (siehe Abbildung) legen nahe, dass Gas aus dem Zentrum von M87 strömt und zwei blasenförmige Gebiete auffüllt, die mit der Zeit bis zu einer Größe von etwa 100 000 Lichtjahren angewachsen sind. Ähnliche Strukturen kennt man auch auf der Erde, z.B. in der Form pilzförmiger Explosionswolken, die bei Kernwaffenversuchen in der Erdatmosphäre auftreten. Diesen liegt derselbe physikalische Mechanismus zugrunde: Heißes und damit leichteres Gas steigt in einem Gravitationsfeld (hier der Erde) nach oben.
Simulation des Auströmens von heißem, gegen Wirbelbildung instabilem, interstellarem Gas aus dem Zentrum einer elliptischen Galaxie
Die Simulationen von Alexei Kritsuk, Tomasz Plewa und Ewald Müller wurden mit einem numerischen Programm zur adaptiven Verfeinerung des Rechengitters durchgeführt, das kürzlich von Tomasz Plewa und Ewald Müller am Max-Planck-Institut füur Astrophysik entwickelt wurde. Das neue Programm ist in der Lage, die extrem unterschiedlichen Längenskalen effizient aufzulösen, die in den Simulationen berücksichtigt werden müssen, und die von wenigen hundert bis zu einer Million Lichtjahren reichen. Die Simulationen umfassen einen Zeitraum von bis zu 300 Millionen Jahren. Typisch für die frühe Entwicklung der berechneten Strömungen sind auf- und absteigende pilzförmige Strukturen (siehe Abbildung).

Einen MPEG-Film, der das Ausströmens im Falle starken Aufheizens während der ersten 45 Millionen Jahre in den innersten 3000 Lichtjahren der Modell-Galaxie zeigt, findet man hier . (0.6 Mbyte)

Einen MPEG-Film der Entwicklung im Falle starken Aufheizens während der ersten 100 Millionen Jahre, die ein Gebiet von 20 000 Lichtjahren Durchmesser umfasst, findet man hier . (1.0 MByte)