Simulation von Typ Ia Supernovae

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Mithilfe der heutigen Teleskoptechnik und ausgefeilter Beobachtungsverfahren lassen sich Explosionen von weißen Zwergsternen (sogenannte Typ Ia Supernovae oder SN Ia) noch in extremen Entfernungen von mehreren Milliarden Lichtjahren von der Erde beobachten. Der Blick in große Entfernung bedeutet immer auch einen Blick zurück in die Vergangenheit, so daß diese Ereignisse zu einem Zeitpunkt stattfanden, an dem das Universum noch deutlich jünger war als heute. Abbildung 1 zeigt zwei weit entfernte Supernovae, die kürzlich vom High-z Supernova Search Team entdeckt wurden.

Abbildung 1: Zwei entfernte Supernovae, die 1999 vom High-z Supernova Search Team beobachtet wurden. Die Aufnahmen entstanden jeweils vor und nach der Explosion.

Dem Beobachter erscheint eine Supernova als ein Stern, dessen Helligkeit innerhalb weniger Tage extrem ansteigt und im Maximum heller sein kann als eine ganze Galaxie. Anschließend nimmt die Leuchtkraft über einen Zeitraum von einigen Monaten wieder ab. Seit einigen Jahrzehnten ist bekannt, daß alle Supernovae vom Typ Ia in unserer kosmischen Nachbarschaft nahezu dieselbe maximale absolute Helligkeit erreichen, d.h. sie würden bei gleichem Betrachtungsabstand gleich hell erscheinen.

Man kann sich diese Tatsache zunutze machen, um den Abstand zu den neu entdeckten weit entfernten Supernovae zu bestimmen. Zusammen mit den Rotverschiebungsdaten dieser Ereignisse ist es dann möglich, einige wichtige Kenngrößen unseres Universums zu messen wie z.B. die Hubblekonstante H, die Information über das Alter des Universums und seine momentane Expansionsrate enthält.

Man darf jedoch nicht außer Acht lassen, daß die entfernten Supernovae explodierten, als das Universum noch sehr jung war; die durch eine Supernova zerrissenen Sterne waren zu dieser Zeit nicht absolut identisch mit den Vorläufersternen der Supernovae in unserer Nähe. Beispielsweise war im frühen Universum die Mischung aus chemischen Elementen, aus denen sich ein Stern zusammensetzt, anders als heute. Aus diesem Grund kann man nicht mit absoluter Sicherheit von der Helligkeit naher Supernovae auf ihre Helligkeit bei großen Entfernungen schließen, so daß die Abschätzungen der kosmischen Parameter nach dieser Methode möglicherweise nicht korrekt sind.

Um mögliche systematische Unterschiede zwischen nahen und entfernten SN Ia zu untersuchen, entwickelt die Hydrodynamik-Gruppe des MPA ein Programm, das die physikalischen Vorgänge in einem explodierenden weißen Zwerg im Detail simuliert. Bei einer solchen Simulation wird der Stern zunächst in der Nähe des Zentrums gezündet; daraufhin breitet sich eine thermonukleare Fusionsreaktion in Form einer Flammenfront in die äußeren Bereiche aus. Dabei wird die Flamme durch turbulente Strömungen aufgefaltet. Nach nur zwei Sekunden endet die Kernfusion; die Sternmaterie fliegt in alle Raumrichtungen auseinander und bildet eine hauptsächlich aus radioaktivem Nickel und unverbranntem Kohlenstoff und Sauerstoff bestehende Wolke. Die Abbildungen 2 und 3 zeigen eine Momentaufnahme der Flamme in einer 2D- und 3D-Simulation. Die deutlich erkennbare, charakteristische Pilzform des Frontverlaufs tritt immer dann auf, wenn leichtes Material (in diesem Fall die heißen Reaktionsprodukte) in einem dichteren Medium aufsteigt.

Abbildung 2: Frontverlauf in einer zweidimensionalen Simulation. Das Zentrum des weißen Zwergs liegt im Koordinatenursprung. Abbildung 3: Momentaufnahme der Flamme in einer 3D-Simulation. Es wurde nur ein Oktant des weißen Zwergs simuliert; der Mittelpunkt liegt in der hinteren unteren linken Ecke.

Das vorgestellte hydrodynamische Problem stellt hohe Anforderungen an Computerleistung und Speicherkapazität: die bisher durchgeführten dreidimensionalen Simulationen benötigen etwa 30 Stunden auf 256 Prozessoren eines Cray T3E Supercomputers und erzeugen nahezu 50 Gigabyte an Rohdaten. Bei doppelter Auflösung steigt der Speicherbedarf auf das Achtfache und die Rechenzeit auf das Sechzehnfache dieser Werte an.

Da an dem Programm noch gearbeitet wird, kann man heute noch keine definitiven Aussagen über die Eigenschaften entfernter Supernovae und mögliche Unterschiede zu nahen Supernovae machen; konkrete Ergebnisse werden vermutlich in einigen Jahren vorliegen.


M. Reinecke, W. Hillebrandt






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Last modified: Wed Jun 7 11:23:49 MDT 2000 by Markus Rampp
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