Historische Supernovae

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"Am Jisi Tag, dem siebten Tag des Monats erschien ein großer neuer Stern in der Nähe des Ho Sterns."

"Am Xinwei Tag wurde der neue Stern schwächer."
Abbildung 1: Inschriften auf Knochen oder Schildkrötenpanzern aus dem 14. vorchristlichen Jahrhundert.

Die Explosion eines Sterns als Supernova ist ein eindrucksvolles astronomisches Schauspiel. Für kurze Zeit leuchtet der explodierende Stern so hell auf, wie die ganze ihn umgebende Galaxie. In unserer eigenen Galaxie, der Milchstrasse, könnte eine Supernova sogar am hellen Tag zu sehen sein. Doch in historischer Zeit sind in der Milchstrasse nur einige wenige Supernovae identifiziert worden und seit mehr als 300 Jahren hat anscheinend kein Stern dieses Ende erfahren. Die Astronomen warten gespannt auf die nächste Supernova, die ihnen die geheimnisvollen Prozesse im Sterninneren kurz vor der Explosion, den Mechanismus der Explosion selbst und die Dynamik der expandierenden Sternhülle erschließen soll. Die Astronomen der Neuzeit müssen sich mit zwei Supernovae in benachbarten Galaxien zufrieden geben: in der Großen Magellanschen Wolke im Jahre 1987 und in der Andromeda Galaxie im Jahre 1895.

Abbildung 2: Die Sternkarte aus dem Jahre 1191 ist von einer Steintafel in Suzhou kopiert worden. Die interessante "Tianshe" Region ist markiert.

Weitere Information über historische Supernovae in der Milchstrasse kann vielleicht gewonnen werden durch eine interessante Verknüpfung von modernster Satellitenastronomie und den Aufzeichnungen chinesischer Astronomen. Die antiken astronomischen Aufzeichnungen in China gehen bis 2000 vC zurück. Die besondere Aufmerksamkeit galt dabei den Veränderungen in bekannten Konstellationen am Himmel. Der Satellit ROSAT, eines der modernsten astronomischen Instrumente, empfängt die Röntgenstrahlung der verschiedensten astronomischen Objekte. Dieser Satellit hat viele ausgedehnte Quellen von Röntgenstrahlung entdeckt, die von einer früheren Supernova stammen -- das interstellare Gas wird durch die Stoßwelle einer Supernova aufgeheizt und strahlt im Röntgenlicht, oft verstärkt durch die Synchrotronstrahlung, die von einem Pulsar im Zentrum angeregt wird.

Abbildung 3: Eine ROSAT Röntgenkarte des Vela Gebiets. Die Sterne Kappa, Delta, Lambda Vel sind markiert. Zwei von ROSAT entdeckte Supernova Überreste sind auf dem Bild. RX J0907-5205 könnte der Überrest sein, der von dem verschwundenen Stern geblieben ist. Oben rechts sind von oben nach unten zwei normale Sterne im Röntgenlicht, sowie der Synchrotronnebel um den Vela Pulsar zu sehen.

Können die von ROSAT entdeckten Supernova Überreste mit Objekten in alten chinesischen Aufzeichnungen identifiziert werden, ähnlich, wie es schon vor einiger Zeit mit dem Krebsnebel gelang? Wissenschaftler aus München und Beijing haben diese Frage untersucht und zwei interessante Fälle werden im folgenden kurz beschrieben:

  1. Inschriften auf Knochen und Schildkrötenschalen aus dem 14. vorchristlichen Jahrhundert geben Hinweise auf ein Supernova Ereignis ( Abb.1). Es heißt dort, dass am Jisi Tag, dem siebten Tag des Monats, ein großer neuer Stern nahe beim Ho Stern erschien. Der Ho Stern ist Antares und eine ROSAT Quelle, J1714-3939, ist nahe bei Antares. Dieser Supernova Überrest wird als jung angesehen, weil das Röntgenspektrum eine hohe Temperatur des Gases anzeigt. Mit Hilfe des Modells einer mit typischer Anfangsenergie nach außen laufenden Detonationswelle wird das Alter zu 3000 -- 5000 Jahren geschätzt. Dies paßt zu den chinesischen Chroniken, die das Supernova Ereignis etwa vor 3500 Jahren einordnen. Falls richtig, ist dies die früheste Supernova, die von menschlichen Astronomen aufgezeichnet und mit neuen Daten bestätigt wurde.
  2. Die Konstellation in Vela, die auf chinesisch "Tianshe" heißt, enthält in alten Sternkarten, wie der in Abbildung 2 gezeigten Tafel aus Suzhou vom Jahre 1191, 5 helle Sterne. In einem antiken Sternkatalog des Astronomen Gande aus dem Staate Qi (etwa 300 vC) besteht diese Konstellation aber aus 6 Sternen. Die Interpretation verschiedener antiker Textstellen macht deutlich, dass ein heller Stern zwischen Delta Vel und Kappa Vel (vgl. Abb.3), etwas näher bei Delta Vel, irgendwann zwischen 300 vC und 600 AD verschwunden ist. Ein ROSAT Supernova Überrest an dieser Stelle, J0907-5205, hat ein Alter von etwa 1800 Jahren, passend zu den chinesischen Chroniken. Die Erklärung liegt auf der Hand: Der verschwundene Stern ist als Supernova explodiert und sein Ende ist dokumentiert in dem Supernova Überrest, den ROSAT entdeckt hat.


B.Aschenbach (MPE), G.Börner (MPA), Q.B.Li (Beijing Observatory)






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Last modified: Mon May 1 13:12:31 MDT 2000 by Markus Rampp
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