Thermonukleare Fusion von Wasserstoff in klassischen Novae

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Historisch bezeichnet der Begriff ,stella nova' oder einfach ,Nova' Sterne, die plötzlich am Himmel aufleuchten und nach Wochen oder Monaten wieder unsichtbar werden.

Die klassischen Novae sind eine Unterklasse der Novae. Sie ereignen sich in Doppelsternsystemen bestehend aus einem weißen Zwerg und einem Hauptreihenstern als Begleiter. Sind beide Sterne nahe genug beieinander, dann kann der weiße Zwerg wasserstoffreiches Material vom Begleitstern auf seine Oberfläche akkretieren und so eine Hülle bilden. Im Laufe der Akkretion verdichtet sich diese Hülle sehr stark und heizt sich dabei auf Temperaturen auf, bei denen die explosive Fusion (explosive ,,Verbrennung'') von Wasserstoff zu Helium einsetzen kann. Die durch die Fusion erzeugte Energie, die im wesentlichen innerhalb weniger Minuten freigesetzt wird, führt zu einer Steigerung der Leuchtkraft des Doppelsternsystems um bis zu 15 Größenklassen und zum Ausstoß der gesamten akkretierten Hülle. Diese ,,katastrophale'' Veränderung des Doppelsternsystems wird bei uns auf der Erde als Nova beobachtet. In der Milchstraße ereignen sich zwischen 30 und 50 Novae pro Jahr. Neben klassischen Novae gibt es noch Supernovae und Zwergnovae, denen andere physikalische Szenarien zugrundeliegen.

Wir haben die Vorgänge, die sich in der akkretierten Hülle auf der Oberfläche eines weißen Zwergs während einer Novaexplosion zutragen, untersucht. Dies wurde mit Hilfe von aufwendigen dreidimensionalen (3D) Computersimulationen durchgeführt.

Ergebnisse dieser Rechnungen werden in der folgenden Abbildung gezeigt.

a) Isofläche zu v = 24 km/s b) Isofläche zu v = 110 km/s
Abbildung 1 (Visualisierung mit GRAPE , mathematischer SFB 256, Universität Bonn).

Abbildung 1 zeigt Flächen konstanter Geschwindigkeitsbeträge, und zwar 24 km/s bzw. 110 km/s zu einem bestimmten Zeitpunkt der Explosion. Ferner ist jeweils ein horizontaler Schnitt durch das Rechenvolumen eingetragen, auf dem die Geschwindigkeitsbeträge farbcodiert aufgezeichnet sind. Rot bedeutet hohe Geschwindigkeiten und blau niedrige. Das dargestellte Gebiet entspricht einem physikalischen Volumen von etwa (1000km)3 und ist daher nur ein Ausschnitt des gesamten Rechengebietes.

Diese Bilder vermitteln einen Eindruck von den Gasströmungen in der Hülle, die während der Explosion auftreten. Es handelt sich hierbei um turbulente Konvektion. Es ist deutlich erkennbar, daß die hohen Geschwindigkeiten in den räumlich großen (,,konvektiven'') Strukturen stecken, während die niedrigeren Geschwindigkeiten aufgrund der sogenannten turbulenten Kaskade mit den kleineren Strukturen und Wirbeln assoziiert sind.

Abbildung 2 zeigt Momentaufnahmen aus der Entwicklung der Novaexplosion. Eingezeichnet ist die Verteilung des radioaktiven Sauerstoff 14 (14O) Isotops, das wir als Indikator für die nukleare Fusion gewählt haben.

Zeit: 30 Sekunden Zeit: 80 Sekunden
Zeit: 100 Sekunden Zeit: 200 Sekunden
Abbildung 2

Zu sehen sind Schnitte von etwa 1000km x 1800km (vertikal x horizontal) durch die Hülle und die oberen Schichten des weißen Zwergs. Helle Farben bedeuten hohe Konzentrationen. 14O wird fast ausschließlich in einer sehr dünnen Schicht auf der Oberfläche des weißen Zwergs bei Temperaturen von über 100 Millionen Grad bei der Wasserstoffusion (Wasserstoffverbrennung) produziert und durch stark turbulente Gasströmungen in der gesamten Hülle verteilt. Dieses Isotop eignet sich daher auch gut zur ,,Markierung'' der Gasströmungen, ähnlich wie Rauch, den man bei Windkanalexperimenten in die Luft mischt, um Strömungen um eine Fahrzeugkarosserie ,,sichtbar'' zu machen.

Die Bildfolge zeigt, wie zu Beginn der explosiven Verbrennung zunächst noch wenig 14O auf der Oberfläche des weißen Zwergs entsteht. Die Konzentration steigt durch erhöhte Intensität der Kernreaktionen an und wird durch die dadurch verursachten turbulenten Strömungen in immer höhere Regionen der Hülle transportiert, bis schließlich am Ende der Explosion die ganze Hülle mit 14O angereichert ist.

Es mag verwundern, daß die Art und Weise, wie thermonukleare Verbrennung in Sternen abläuft, unter gewissen hydrodynamischen Aspekten gar nicht so verschieden von ,,alltäglichen'' Verbrennungsprozessen ist, wie sie uns auf der Erde begegnen. Es gibt viele Gemeinsamkeiten mit der Verbrennung in Ottomotoren oder auch Waldbränden. Daher haben die Ergebnisse unserer Rechnungen auch Relevanz für technische Verbrennungen und können für die Autoindustrie von großer Bedeutung sein.

Diese Untersuchungen wurden und werden anhand aufwendiger Computersimulationen auf den leistungsfähigsten Supercomputern der Welt, wie zum Beispiel der Cray T3E mit 816 Dec Alpha Prozessoren oder der Fujitsu VPP700, durchgeführt. Sie gehören im Moment zu den zeitaufwendigsten überhaupt und führen die heutigen Computer an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.


A. Kercek, W. Hillebrandt





Literaturhinweise:






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Last modified: Thu Mar 25 10:36:17 MET 1999 by Markus Rampp
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